

Selbstaufklärung des soziologischen Denkens
Warum an den Klassikern kein Weg vorbei führt
pp. 99-110
in: Transnationale Vergesellschaftungen, Berlin, Springer, 2012Abstract
In der Soziologie stehen die Klassiker seit geraumer Zeit hoch im Kurs. Die Kardinalfrage, ob die Klassiker für das Fach von Nutzen oder von Nachteil sind, besitzt längst rhetorischen Charakter. Zu zahlreich sind die Gründe, die für das Erstere vorgebracht werden. Klassiker – so heißt es etwa – besitzen für die Soziologie eine integrative Funktion; in ihnen ist die disziplinäre Einheit des Faches begründet; Klassiker sind für die Soziologie gar identitätsstiftend; sie bilden das "kulturelle Gedächtnis' der Soziologie; ihre Werke sind ein "Fundus an Begrifflichkeit", Material bietend für die Entwicklung der "verschiedensten Perspektiven der Wirklichkeitsbetrachtung"; sie enthalten maßgebliche Anhaltspunkte für die Arbeit an Theorien und Methoden; ihr Studium ist unabdingbar für den Fortbestand und die kontinuierliche Entwicklung des Faches; Klassiker sind die Richtschnur soziologischen Denkens; sie ermöglichen uns die Entdeckung neuer Problembereiche; sie bringen uns auf "neue Ideen"; ja sie haben sogar eine "erzieherische Funktion", nämlich diejenige der Ausbildung 'strenger Geschmacksnormen für die soziologische Arbeit") – die Reihe der Gründe ist noch um einiges länger (Alexander 1987: 12; Barlösius 2004; Cherkaoui 1997: ixff.; JCS 2001: 5, 8; Käsler 2002: 13f., 28, 30f.; Merton 1981: 61).