

Technikgeschichte
pp. 288-298
in: Friedrich Jaeger, Wolfgang Knöbl, Ute Schneider (eds), Handbuch Moderneforschung, Stuttgart, Metzler, 2015Abstract
Die Moderne beginnt in der Technikgeschichte mit der Industriellen Revolution als technisch- organisatorischem Kern der epochalen Umwälzung von malthusianischen zu wachstumsgetriebenen Gesellschaften. Thomas Robert Malthus (1766 – 1834) hatte noch geglaubt, dass die Bevölkerung stets schneller als die Nahrungsproduktion wachse, was zu Verelendung und letztlich zum Tod der nicht mehr zu ernährenden Menschen führen würde. Stattdessen ist die Weltbevölkerung in den letzten beiden Jahrhunderten in historisch einmaligem Maße gewachsen. Die Fokussierung auf die epochale Wirkung der Industriellen Revolution hat zur Folge, dass in der Technikgeschichte eher von Industriezeitalter als von Moderne gesprochen wird. Die epochale Neuorientierung der Gesellschaft in der Industriellen Revolution fand in der Exponentialkurve ihre Metapher: exponentielles Wachstum der Bevölkerungszahlen, des Ressourcenverbrauchs, der Arbeitsproduktivität und des Konsums. Dieses langfristige Wirtschaftswachstum bedeutete auch, dass krisenhafte Fluktuationen der Wirtschaft nicht mehr wie in vorindustrieller Zeit sogleich zu Nahrungsknappheit und damit existenzieller Bedrohung führten, sondern sich eher als zeitweiliges, relatives Zurückfallen im Konsum gewerblicher Waren und Dienstleistungen auf einem insgesamt sehr viel höheren und langfristig immer weiter steigendem Niveau ausdrückten.