

Eine Philosophie des Menschen und die Herausforderung der Evolutionsbiologie
Max Scheler, Helmuth Plessner, Arnold Gehlen
pp. 235-248
in: Joachim Klose, Jochen Oehler (eds), Gott oder Darwin?, Berlin, Springer, 2008Abstract
Hatte es Philosophie – wie die Mythen oder Religionen – seit je auch mit anthropologischen Deutungen des Menschen zu tun, so rückte die Frage nach dem "Wesen des Menschen" doch erst in einer modernen Denk-"Schule" in den Mittelpunkt der Philosophie. Es war dies eine Reaktion darauf, dass die naturwissenschaftlichen (insbesondere die evolutionsbiologischen) Theorien als Bedrohung des Menschlichen empfunden werden konnten. Das galt in umfassenderem Sinne auch für die Zerstörung traditioneller Lebenswelten durch den kapitalistischen Industrialismus und für die dadurch mitbedingten Radikalismen der Zeit. Helmuth Plessner sah in der "Nichtigkeit des Einzelnen" und seiner Vergänglichkeit den Grund für eine neue anthropologische Philosophie, zumal in einer Zeit, in der das Zerbrechen der religiösen Deutungs-Sicherheiten offenbar wurde. Und Wilhelm Dilthey hatte noch zugespitzter gesagt: "Der Typus Mensch zerschmilzt in dem Prozess der Geschichte" (Dilthey 1977, S. 6). "Immer noch philosophische Anthropologie?" fragte Plessner vor nun fast einem halben Jahrhundert (Plessner 1963, S. 235–246). Und auch heute ist das Unbehagen dieser Aufgabenstellung gegenüber nicht ganz gewichen.