

Begriffe und Anschauungen oder
Wozu noch Ästhetik?
pp. 256-270
in: Miltos Pechlivanos, Stefan Rieger, Wolfgang Struck, Michael Weitz (eds), Einführung in die Literaturwissenschaft, Stuttgart, Metzler, 1995Abstrakt
In einer Reihe aktueller theoretischer Ansätze wird ›das Ästhetische‹ primär als ideologische Kategorie bestimmt. In seiner Ideology of the Aesthetic beispielsweise vertritt Terry Eagleton die These, daß das ästhetische Denken von der Konstruktion der herrschenden ideologischen Formen moderner Klassengesellschaften untrennbar sei (Eagleton 1990, 3). Für Tony Bennett hat der Diskurs des Ästhetischen — inklusive der Diskurs der Literaturwissenschaft — die klassische ideologische Funktion, politische Widersprüche im einheitlich wertenden Subjekt zu harmonisieren (Bennett 1985, 28ff. —› Ideologie und ihre Kritiker, S. 207). Aesthetic Ideology sollte auch eine posthum zu erscheinende Aufsatzsammlung Paul de Mans heißen, in der die Begrifflichkeit der Ästhetik als grundsätzlich ungeeignet für die Arbeit der Literaturwissenschaft dargestellt wird. Kern des mit dem Begriff des Ästhetischen bezeichneten ideologischen Syndroms ist für de Man der Versuch, eine a priori nicht zu schließende Kluft zwischen Literatur und Kategorien wie Erfahrung, Erkenntnis und Wahrnehmung zu überbrücken (de Man 1993, 55; 1986, 11).